Geschichte der Burg Gutenberg


Märchenhaft und mystisch zugleich, frei nach allen Seiten, thront Burg Gutenberg auf einem 70 Meter hohen Felshügel über Balzers und dem Rheintal.

Der Burghügel mit der Burg und dem „Runden Büchel“ sind eine der aussergewöhnlichsten prähistorischen Fundstätten im Alpenraum. Bis in römische Zeiten wurde der Burghügel auf seiner Westseite vom Rhein umspült und ansonsten von einem Feuchtgebiet umgeben. Die Anhöhe wurde schon in der Jungsteinzeit vom Menschen besiedelt.

Die mittelalterliche Burg

Die Burg selbst wurde erst im 12. Jahrhundert erbaut. 1314 ging die Burg in den Besitz der Habsburger über und wurde als Lehen für einen Wachposten gegen die Eidgenossen vergeben, die auf St. Luzisteig lagerten. In dieser Zeit wurde wahrscheinlich viel gekämpft, bedrängt, verteidigt, aber auch gefeiert und gesungen. Davon zeugt ein früherer Besitzer der Burg, der Minnesänger Heinrich von Frauenberg, vom dem fünf Lieder in der Manesse-Handschrift erhalten sind. Selbst Kaiser Maximilian I. nächtigte 1499 auf der Burg. Im Schwabenkrieg 1499 belagerten die Eidgenossen die Burg. Sie beschossen die Burgmauern mit Kanonen, doch der Beschuss konnte den Mauern nichts anhaben. Die Belagerten öffneten die Fenster und reinigten mit Kehrichtbesen die Mauern, um die Eidgenossen zu verspotten. Darauf hin holten die Eidgenossen stärkere Kanonen aus Frankreich. Auch das brachte nichts ein. Die österreichische Besatzung hielt so lange aus, bis die Nahrungsvorräte erschöpft waren. Ulrich von Ramschwag soll den Befehl erteilt haben, das letzte Kalb über die Felswand hinaus zu werfen, um den Eidgenossen vorzugaukeln, dass die Vorräte noch lange reichten. Und wirklich: Die Eidgenossen fielen auf den Trick rein und zogen ab.

Der Dorfbrand von Balzers und seine Folgen

Von Interesse sind auch die Fundamente der 1780 abgetragenen und urkundlich belegten Kirche St. Donatus unter dem jetzigen Bühnenaufbau im Innenhof.

Nach dem Dorfbrand von Balzers im Jahre 1795 wurde die Burg als Lieferant von Baumaterial zum Wiederaufbau des Dorfes benutzt. Sie verfiel zur Ruine. 1824 ging sie durch Kauf an die Gemeinde Balzers über. Die Gemeinde schenkte die zerfallene Burg 1854 Fürstin Franziska. 1862 ging die Burg auf Fürst Johann II. über.

 

 

Große Bedeutung gewann aus archäologischer Sicht der Gutenberghügel 1932/33 durch den Fund der sieben menschlichen Bronzestatuen und der beiden Tierfiguren dem Eber und dem Hirsch.

 

Herausragend ist der „Mars vom Gutenberg“ mit 12 cm Länge, der auch auf einer Briefmarke verewigt wurde und als Kopie den Dorfbrunnen von Balzers ziert. Aufsehen erregte auch der Fund eines Tongefäßes aus der so genannten „Rössener Kultur“, einer Keramik des mittleren Neolithikums (ca. 5000 v. Chr.), benannt nach dem Hauptfundort Rössen bei Merseburg in Mitteldeutschland. Vor dem Bau der Trutzburg wurde der Platz des Burginnenhofes und andere Flächen des Burgareals als Bestattungsstelle genutzt.

1982 wurden intensive archäologische Untersuchungen aufgenommen, die weitere Überraschungen ans Tageslicht brachten. Trotz baulicher Veränderungen während der letzten 900 Jahre konnten die zeitlichen Abläufe bestimmt werden. Das Mauerwerk an der Nordseite unter dem jetzigen Innenhof ist römischen Ursprungs, das Fundament bildete gar eine Trockenmauer aus der jüngeren Eisenzeit. Mehrere Münzfunde (geprägt ca. 350 n. Chr.) deuten auch auf einen römischen Wachposten hin.

Egon Rheinberger - Architekt, Künstler, Burgenbauer

Egon Rheinberger (1870 - 1936)  
Portrait von Prof. Eugen Zotow    

Maria Rheinberger geb. Schädler,
Ehefrau von Egon Rheinberger  

Egon Rheinberger war ein vielseitiger Künstler. Vor allem die Architektur und die Bildhauerei hatten es ihm angetan. Er war ein Neffe des bekanntesten liechtensteinischen Komponisten, Josef Gabriel Rheinberger. Als Egon Rheinberger um 1890 an der Akademie der Künste in München studierte, unterstützten ihn sein Onkel und seine Ehegattin, die Schriftstellerin Fanny von Hoffnaass. Egon Rheinbergers wichtigstes Werk ist der Wiederaufbau der Burg Gutenberg. Rheinberger kaufte die Ruine im Jahre 1905 für einen symbolischen Preis von 1000 Kronen. 1912 war die Burg so restauriert, wie wir sie heute sehen und besuchen können. Egon Rheinberger bezog anschliessend mit seiner Familie die Burg als Sommerwohnsitz. 1920 eröffnete das Ehepaar Rheinberger in der Burg Gutenberg eine Gastwirtschaft. Mit der Eröffnung der Gastwirtschaft zog die Familie ganzjährig nach Gutenberg. Es entwickelte sich neues kulturelles Leben auf Gutenberg.

Ereignisse wie die Freilichtspiele „Der letzte Gutenberger“ 1925 oder die Filmproduktion „Wilhelm Tell“ 1933 sind Beispiele der kulturellen Vergangenheit der Burg Gutenberg.

1936 starb Egon Rheinberger eines plötzlichen Todes. Nach seinem Tod übersiedelte die Witwe Maria Rheinberger mit ihren drei Söhnen Hans (später Architekt), Peter (später Obering. in der Balzers AG) und Rudolf (später Arzt in Vaduz) ins Rote Haus in Vaduz. In den Jahren 1935/36, 1949 und 1951 bot die Familie Rheinberger dem Lande Liechtenstein die Burg zum Kauf an, doch der Kauf scheiterte jeweils am politischen Widerstand auf Landes- und Gemeindeebene. Nach dem ersten, nicht angenommenen Kaufangebot an das Land Liechtenstein zeichnete sich 1937 ein Kauf der Burg durch Ing. Otto Haas ab. Er glaubte, mit seiner Kleinschreibmaschine „Hermes Baby“ viel Geld machen zu können. Otto Haas lebte mit seiner Familie nur kurze Zeit auf Gutenberg, da sein Geschäftsvorhaben scheiterte. Der Kaufvertrag wurde nicht erfüllt, die Burg blieb im Besitz der Familie Rheinberger.

1950-1951 wohnte der „Reissverschlusskönig“ Martin Winterhalter mit seiner Lebenspartnerin auf Gutenberg. Auf Betreiben seiner Geschwister wurde Winterhalter bis zu seinem Tod im Jahre 1961 hospitalisiert. Zu einem Kauf der Burg kam es nicht.

Die Filmschaffenden Hermine Kindle de Contreras-Torres (1905-2001) und Miguel de Contreras-Torres (1899-1981) kauften 1951 die Burg Gutenberg zu einem Kaufpreis von 200 000 Franken. Sie waren die letzten privaten Besitzer. Aus deren Besitz erwarb 1979 das Land Liechtenstein unter Regierungschef Hans Brunhart Burg und Areal, diesmal zu einem Kaufpreis von 3,8 Millionen Franken. Die ehemalige Besitzerin behielt ein lebenslanges Wohnrecht. Sie verzichtete jedoch im Laufe der Zeit auf dieses Wohnrecht, da sie der Besitzerin vorwarf, die vertraglichen Bedingungen nicht einzuhalten. Sie nahm bis zu ihrem Tode in ihrer Heimatgemeinde Triesen Wohnsitz.

Hermine Kindle ist in Mexiko auch mit ihrem Künstlernamen Medea de Novara bekannt. Sie wirkte wohl an allen Filmen Ihres Ehemannes mit.

Ein Lift auf die Burg Gutenberg?

Im Juni 1984 erstattete eine Burgenkommission der Regierung einen Nutzungsplan für die Burg Gutenberg, den die Regierung genehmigte. Im Erdgeschoss sollte ein Restaurant untergebracht werden, im ersten Stock sollten festliche Anlässe, Tagungen und Staatsempfänge stattfinden. Schließlich sollte im Dachstock ein Museum untergebracht werden: Wechselausstellungen, Exponate zur Burgeschichte sollten gezeigt werden. Auch kleiner kulturelle Anlässe waren geplant. Der Innenhof der Burg sollte ebenfalls für kulturelle Anlässe vorgesehen werden.

Am 29. August 1989 sprachen sich die Regierung und die Gemeinede Balzers für die Erschließung der Burg durch einen Schräglift für 35 Personen und eine Stundenleistung von 450 Personen aus. Die Natur- und Denkmalschutzkommission sprachen sich für diesen Lift aus - nicht aber die Stimmbürger von Balzers. Sie lehnten am 3. Dezember 1989 den Bau eines Schrägliftes aus Umweltschutzgründen ab.

 

Gründung des Vereins Kultur-Treff Burg Gutenberg

Das Land Liechtenstein renovierte Ende des 20. Jahrhunderts die Burg zum heutigen Aussehen. 2000 beschloss die Regierung Liechtensteins die Belebung der Burganlage Gutenberg durch ein anspruchsvolles Kulturprogramm (siehe Register Kultur-Treff Gutenberg, Gründung und Zweck auf diesen Webseiten). Seit seiner Gründung 2002 veranstaltet der Verein Sommerkonzerte auf der Burg, die sich steigender Beliebtheit erfreuen.

Quellen

  • Balzner Neujahrsblätter 1995, 1996
  • Sonderdrucke „Archäologie Im Fürstentum Liechtenstein“
    - Ergrabene Geschichte 1985
    - Emser Chronik 1616
  • Büchel, Franz: Beiträge zur Geschichte 842-1942
  • Rheinberger, Barbara, Hans-Jörg, Peter und Volker: Mitteilungen, Überlassung von Familienbildern und Zeichnungen von Egon Rheinberger

Links

Egon Rheinberger:
https://www.e-archiv.li/personDetail.aspx?etID=48634&persID=29930

Hermine de Contreras Torres:
https://de.wikipedia.org/wiki/Medea_de_Novara

http://www.presseportal.de/pm/104020/2663374/sperrfrist-13-02-0845-schenkung-an-das-liechtensteinische-landesmuseum-das-liechtensteinische